Justin Steinfeld
Der heute fast vergessene Justin Steinfeld (1886-1970) war in den 1920er Jahren in Hamburg ein bekannter Journalist. Er wirkte nicht nur als Herausgeber der Wochenschrift „Die Hamburger Tribüne“, sondern auch als Autor politischer Revuen, die vom „Kollektiv Hamburger Schauspieler“ aufgeführt wurden. Wegen seines politischen Engagements und seiner jüdischen Herkunft verfolgt, floh er nach kurzer „Schutzhaft“ im Hamburger KZ Fuhlsbüttel nach Prag, wo er für deutschsprachige Exilzeitschriften schrieb.
Nach dem Münchner Abkommen im Jahr 1938, demzufolge die Tschechoslowakei das Sudetenland ans Deutsche Reich abtreten musste, entkam er über Polen ins englische Exil. Dort entstand mit „Ein Mann liest Zeitung“ sein einziger Roman. In diesem autobiographisch geprägten Buch verdichtet Steinfeld seine Erinnerungen an ein verlorenes Leben, alltägliche Beobachtungen auf der Straße und Reflexionen über das politische Geschehen zu einem Panorama der 1930er Jahre.
Steinfeld starb 1970 in Baldock (England). Erst vierzehn Jahre später wurde sein Roman erstmals veröffentlicht und von Kritikern als bedeutendes Dokument deutscher Exilliteratur gewürdigt. Das Werk wurde erneut vergessen, bis der Historiker Wilfried Weinke es wiederentdeckte und 2020 im Schöffling Verlag neu herausgab, ergänzt durch ein ausführliches Nachwort und ein Glossar.